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wenn die zeit ...


Kunst von Clemens Schittko
inseriert: 30.12.13
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Wenn die Zeit eine Eigenschaft des Lebens ist,
so gibt es keine Gegenwart,
weil keine Gegenwart es duldete,
dass es sowohl Vergangenheit als auch Zukunft braucht, bis das Universum (seiner Implosionen wegen)
allen Raum in uns besetzt hat,
um nicht länger den einen Toten geben zu müssen,
der uns bis zum Ende aller Vertröstungen beherbergt.
Das Streben nach Ordnung, welches den Dingen anhaftet, ähnelt dem Streben nach Zerstörung,
welches uns Menschen anhaftet,
bis sich eine Ordnung in der Zerstörung einstellt,
die uns Menschen den Dingen anhaften lässt.
Und wie wir noch immer übers Wetter reden,
obwohl wir eigentlich das Klima meinen,
blättern wir wie selbstverständlich unsere Atlanten
anstelle nichtvorhandener Familienalben auf
und legen uns die Karten eins zu eins über die physische Erde, damit uns die Toten so hermetisch sind,
wie die sichtbaren Dinge, die wir, einmal in Sprache gebracht,
mit nichts mehr widerlegen
oder auch nur sichtbar machen können.
Man muss mit dem Kopf die Geometrie entdecken,
bevor die Geometrie den Kopf entdeckt
und einen (angeleinten) Körper zurücklässt,
der als Drache – wie eine Party – steigt.
Im Zerstieben der Bilder zeigt sich erst der Betrachter,
wie er zurückgeblieben in seiner Unbeseeltheit erstarrt
und daraufhin selbst zum Bild wird.
Gewalt gegen Gewalt ist die Liebe und Liebe gegen Liebe die Gewalt, wenn das Schweigen der Welt
sich mit der Autonomie der Dinge verklärend erklärt.
Münder gewinnen an Frische, wenn man beim Küssen die Lippen mit dem Rest des Körpers zu verbergen weiß,
obwohl der Körper im Akt des Verbergens selbst an Frische verliert. Zudem ist ganz Hollywood darin geschult,
mit den Händen über der Bettdecke einzuschlafen.
Metaebenen durchziehen wie Metastasen den Text,
um den Leser etwas von dem Schmerz fühlen zu lassen,
der ihn zeitlebens von der Krankheit des Autors abschreckt.
Nicht Augen und Münder öffnen oder schließen sich,
sondern ihre Häute.
Nach ihrem Vorbild wurden Fenster und Türen entworfen.
Längst ist das, was über Gedichte gesagt und geschrieben wird, interessanter als die Gedichte selber;
daran möchte auch dieses Gedicht nichts ändern.
Wer im Schritt innehält, sucht sich, indem er sein Geschlecht entblößt
und es mit der Geilheit aufnimmt, die ihm die Notdurft abverlangt: Durch sukzessive Entledigung unserer selbst
machen wir uns frei (und legen dem Anderen Kleidung an). Fleischverzicht ist Ausdruck von Trauer des Menschen darob,
nie eine Pflanze sein zu können.
Staub ist alles, was uns umgibt, wenn unser Gehirn, so grau, Staub ist.
Aus Staub machen die Augen Sterne und der Körper den Kosmos. Nur sich Liebende machen (ihre) Liebe aus Liebe
und werden dabei selbst zu einem Zeichen,
wie es als Konstante oder Variable
in keiner Gleichung oder Formel von dieser Welt
über diese Welt vorkommt.
So gehört den sich Liebenden das, was ihnen gegenüber ist. Abwesender als das Abwesende ist das Nicht-Abwesende, vorhandener als das Vorhandene das Nicht-Vorhandene usf. Bevor wir Worte wie „ich“ und „du“ in die Welt setzen konnten, setzte Gott sich als Wort in die Welt,
und löste dabei Sprachen aus,
in denen uns bald der Tod entdecken sollte,
dieser Schatten unserer selbst,
den wir immerzu berühren müssen,
um ihn nicht wie einen Text zu lesen.
Heimat ist nirgends wie die Liebe,
die wir Sterbende stehend machen,
würden wir doch liegend in unseren Gräben
den Toten in ihren Gräbern ähneln
und einander nicht mehr erkennen.
Gott allein verzerrt, verzehrt man sich nach ihm.
In einem Stück Ich wie einem Stück Nicht-Ich
erspielt das Erscheinen seine Enge und Weite
/ von Länge, Breite und Tiefe /
verspielt das Verschwinden seine Nähe und Ferne,
und das höchst subjektiv vor dem Objektiv einer Kamera. Mir ist, als sei die Leere in mir
von außerhalb des Universums / kein Ort, keine Zeit. Saug du die Wunde aus, in die ich spucke (das Insekt). Kopulierende ähneln Sterbenden und Schlafende Toten, als ob die Geschichte
nicht eine von unzähligen Geschichten wäre,
die sich mit einem Äußersten an Gewalt
jenseits aller Geschichte verändern
oder gegen andere Geschichten austauschen ließe.
Die Nacht, wie sie sowohl im Kosmos
als auch zeitlebens in uns (geronnen)
zu finden sein wird, kennt keinen Morgen,
obwohl wir es mit Bewegungen aufnehmen,
die es lange schon vor uns gab
und – ein Ereignis vortäuschend –
sich oft nur in Berührungen verloren haben,
Bewegungen, die unsere Furcht jetzt allerdings
nach Licht tasten lassen.
Es sind die Frauen so schön, weil die Blicke der Männer niemals unter die Haut der Frauen gelangen
(obwohl sich dort fast alles abspielt), sondern sich ständig an der Oberfläche ihrer Formen aufhalten.
Nicht um Mimik, oder Gestik geht es dem Bewusstsein, wenn es sich am Körper halten will,
ohne dass wir dabei einer Ohnmacht anheimfallen;
nein, Worte sind es, da Worte –
ob gesprochen oder geschrieben –
uns erst bedeuten, dass wir sind
und es überhaupt auch nur das geben kann,
was Worte benennen,
obwohl im Anfang sicher nicht das Wort,
sondern Sex war, gefolgt von Drogen und der Musik,
die zusammen einen Tanz auslösten,
in welchem das Wort dann erst geboren wurde.
Die Lust an der Überwältigung ist eine Unterwerfung –
eine Unterwerfung unter diese Überwältigung.
Wer sich, um anderen zu berichten,
an etwas erinnern möchte,
wünscht und hofft insgeheim
im Vergessenen oder Verdrängten
erfinden zu können, was man selber nicht ist.
Ein anderes Wort für Kapital ist Fleisch;
ein anderes Wort für Fleisch hingegen ist nicht Kapital.
Der Ursache allen Unglücks
können wir lediglich in der Erstarrung zugewandt sein. Nicht wir, die Bilder selbst sind es, die sich löschen,
indem sie (als Erinnerung an das Vergessen)
unser Gedächtnis fluten.
Warum ist es nie die Einsamkeit,
die an ihrer Einsamkeit verrückt wird,
damit wir sie endgültig überwinden können
(und nicht länger überwintern)?
Es fällt über das, was ich bin, stets mein Körper her,
so als wollte er sich ohne mich behaupten – Unsterblichkeit. Um einmal alles Sagen zu haben,
sagst du seit langem schon nichts mehr.
Immer glaubt ihr nur (an) das,
wovon ihr nichts wisst, nichts versteht.
Die Nacht verschwindet, wenn wir
in der Nacht nicht mehr verschwinden.
Wie Insassen eines Gefängnisses oder Tiere eines Zoos schauen von den Gemälden aus die Personen –
so als gäbe es sie wirklich –
den Betrachter des Gemäldes an –
so als dürfte es ihn gar nicht geben – ...
Ich werde wahnsinnig bei dem Gedanken,
dass es im Universum mehr Sterne geben soll
als Zellen in meinem Körper,
in denen Fragmente meines Ichs
ihre Isolation dergestalt erfahren,
dass sie Gott als Wort neben sich in einem Gen
zu Meditationszwecken ausgelegt finden.
Fleisch und Knochen, Haut und Blut...
Wir sprechen, als sei es Sex,
und schweigen, als sei es Liebe.
Dass wir immer nur (als Ursache und Wirkung)
die physikalischen Gesetze des Lebens,
nie aber das Leben selber (erreichen und) bestehen,
ist unser eigentlicher Schmerz, den wir,
die wir Täter und Opfer zugleich sind,
über die Welt ausbreiten.
Denn jede Bewegung ist schon Verrat
an der Umarmung und am Kuss des Todes,
mit dem das Universum jegliche Bewusstheit abstößt.
Was die Erscheinungen des Tages erst unwirklich macht,
ist die Nacht, in der diese Erscheinungen verschwinden, so dass nur noch ihre Begriffe bleiben:
die Sprache des Vakuums / im Vakuum der Realität,
in der wir so satt sind.
Gäbe es im Deutschen ein Wort für „nicht-durstig-sein“, hieße es DICHT, VOLL, ZU oder auch ABGEFÜLLT.
Wir leben, weil wir uns allenfalls den Tod der anderen, jedoch nie unseren eigenen Tod vorstellen können.
So trinken wir auf das elementare Zerwürfnis des Seins,
als wäre die Geschichte von Liebe und Sex
nicht die Geschichte einer einzigen Verwechslung,
die beide „Phänomene“ zu den letzten Ideologien aufsteigen lässt, an die wir uns wie Produkte verkaufen;
...und Ismen ziehen sich nach:
ein Li(e)beralismus als (Neo-)Sexismus.
Bevor jemandes Ausbeutung greift,
beute ich mich doch lieber selbst aus
und zensiere mein Werk, das ich bin
anstelle einer Biographie / den Kopf in der Schere.
Wie du das Innere des Todes
draußen IM LEBEN NICHT findest.
Atome strahlen, wenn uns das Denken blendet,
das wir als solches hinter den Handlungen
nicht erkennen (können) / wie einen Spiegel,
der in dem Moment mit uns zerbricht,
wenn wir ihn nur einmal
statt unserer selbst betrachten (würden).
Wo wir uns verlieren, gewinnen wir erst...Träume,
wie sie die Wirklichkeit freisetzt und die Möglichkeit bindet. Die einfachste Frage, die Frage „wie es einem geht“,
lässt nur die schwierigste aller Antworten zu
bzw. offen – in einer Art des Schweigens,
indem man sich verspricht.
Eingeschlossen in meinem Körper,
kann ich mich selbst dann nicht verlassen,
wenn ich in dir bin (und blute).
Dieser Text ist es,
den wir als geistige Nahrung aufnehmen,
wollen wir unsere eigentliche Nahrung ausscheiden,
war „Scheiße“ bislang doch immer mehr
als nur das bekannteste deutsche Wort,
wofür „Deutschland“ in der Fremde steht...
Ich kann alles für dich sein,
sofern ich für mich selbst nahezu nichts bin.
Wenn das Wort „Revolution“
aus der Öffentlichkeit verschwunden ist,
ist das die nächste Revolution!?
Je schöner die Nachrichtensprecherinnen,
desto unschöner die Nachrichten.
Liebe, an die wir uns gewöhnt haben,
ist nicht länger Liebe,
wie sie als Wahrnehmung zirkuliert,
als Bild in einem Kreislauf, dessen Abbild wir warten.

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