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durchblick


Kunst von sc.Happy
inseriert: 16.08.19
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Geplant ist die Bank. Ich muss für mein Jahr in Roms Villa Massimo das Kreditartenproblem lösen. Mag das überhaupt nicht. Man sieht es mir an. Lass uns rasch Ulla, Micky und Patrick besuchen, bei ihnen einen Kaffee trinken, schlägt Andrea vor. Weil es so schön in der Nähe liegt. Wann, denke ich beim Betreten des funkelnden Ladens, war ich das letzte Mal von so vielen tollen Brillengestellen umgeben? Ich komme einfach nicht drauf, muss so gar von Erstbesuch sprechen. Fühle mich wie auf dem Weg zum Mittelpunkt der Erde. Alles so leuchtend, glitzernd. Sterne funkeln bei der herzlichen Begrüssung. Wir kennen uns doch, wird abgewunken wie ich meinen Namen nenne. Und schon dämmert es bei mir. Ausstellung im Monopoly. Kunsttag. Friendly posting das Thema. Ich durfte selber ein großes Blatt mit einer Zeichnung versehen beisteuern. Das ist auch verkauft worden und löste in mir wohlige Erinnerung an meine Zeit in der Kunsthochschule Weissensee aus. Hätte dranbleiben sollen statt mich gehen zu lassen. Wäre Grafiker, Zeichner, Comicmaler geworden statt mich mit Schreiben und Zeitungsarbeit über Wasser halten zu müssen. Nutze die Gelegenheit und frage an, ob sie hier auch Sehtests durchführen. Brauche einen solchen demnächst zur Zurückerlangung meiner Fahrerlaubnis. Zwei Jahrzehnte plus einem halben reicht die Geschichte zurück. Da düste ich noch mit Baader-Holst, Erich Maas und Flake im Citroen GSA Pallas herum. Gerät man schnell ins schwärmen. Spreche kurz mit dem Chef drüber. Kupferfarbig. Bildschirm und Knöpfe ums Lenkrad herum. Habe ihn einem englischen Maler abgekauft. Oder war der nach London ausgereist? Hob sich hinten an vorm Losfahren. Wie ein Kamel zuerst mit seinem Hinterteil aufsteht. Und wie sie hier Augen testen. Bin gleich dran. Diese Apparatur? Sie wirkt so gigantisch. Ich denke an Jules Vernes, Schwarzenegger, HR Giger, fühle mich an die Filme Alien und Das Schweigen der Lämmer erinnert. Wird so schon seit Gedenken mit dem Phorobter getestet. Sehen schon immer eher urig aus. Lassen einen wie eine Menschenmaschine aussehen die vielen Räder vorm Gesicht. Ich sitze dahinter und blicke hindurch auf ferne Tafeln. Linkes Auge, rechtes Auge, Buchstaben. Sieh dir die dritte Zeile an! Und nun die unterste! Ist das oder das besser zu sehen? Es wechselt von verschwommen bis superfein. Und einmal sehe ich räumliche Ballons vor mir in der Luft stehen. Dauert bestimmt eine Viertelstunde das Ganze. Werde ich im Leben nie mehr vergessen wie wir dann vor den Regalwänden stehen und ich von den vielen Gestellen einige auf meiner Nase trage. Von den umstehenden Augenpaaren angeblickt. Köpfe wackeln, nicken. Gesichter überlegen. Mienen wissen nicht so recht, lehnen ab. Münder loben, witzeln, lachen. Mir fallen Namen berühmter Brillenträger ein wie Groucho Marx, Gandhi, Conrad von Soest und Nana Mouskouri. Dann sind zwei Brillen für mich gefunden. In einer Woche werde ich sie abholen und tragen. Eine lässt mich freier in die Landschaft gucken. Die andere werde ich zur Buchpremiere von meinem Roman Liebestölpel tragen. Oh ja. Das wird eine tolle Lesung werden, juble ich. Mit bestechendem Klarblick werde ich den Text vor meinen Augen haben, gelöst und heiter lesen. Nicht ein Buchstabe traut sich mehr aus der Reihe zu tanzen. Ich werde wie vom Blatt gelesen mit meiner ersten guten Brille im leben groß aufspielen. Es wird für alle Zuhörer ein vollkommener Ohrenschmaus.

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