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Wir sind Zappanisten.


Kunst von sc.Happy
inseriert: 28.07.24
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Wir sind Zappanisten. Unser gemeinsamer Ort heißt Bad Doberan. Ich ging dort vier Jahre lang zur Oberschule. Zappa zu Ehren wird nunmehr bereits zum dreiunddreißigsten Male die Zappanale begangen, von meinem Schulkumpel Wolfhardt Kutz ins Leben gerufen. Ohne Spanien, wie er von uns bei seinem Kosenamen genannt wird, gäbe es das Festival nicht, und hätte ich den Musik-Kosmos Zappas nie kennengelernt.

Kumpel Kutz fuhr mit seinem Motorrad durch ganze Land und über dessen Grenzen hinaus, um Schallplatten und Tonbandaufnahmen von seinem musikalischen Idol heranzuschaffen. Wir überspielten alles, was durch ihn zusammenkam. Er sprach von Frank Z wie von einem Heiligen, verehrte ihn als sein Lebenselixier. Der Name Frank Zappa, von ihm ausgesprochen, klang gottgleich wie der von Gandhi, Martin Luther King, Muhammed Ali. Zappa, sagte er felsenfest überzeugt, sei das Beste, was der weltlichen Musik nach Beethoven passieren konnte. Für Kutz war Zappa wie sein eigen Fleisch und Herzschlag.

Ihn einmal im Jahr erklingen zu lassen, stampfte Kutz mit seinen Gehilfen das Festival aus dem Boden. Zappanale Nummer eins fand in einer Kirchenruine nahe Bad Doberan statt. Ein Traktoranhänger wurde die gemeinsame Bühne für alle Bands. Und das Schönste danach: Ich durfte mit meiner damaligen Band namens Skorbut als Gast auftreten. Unser Gitarrist hieß im ersten Namen Joachim, im zweiten Zappa. Mag sein, dass es von seinem Gitarrenspiel herrührte oder seinem Aussehen. Ich glaube mitunter, still insgeheim, dass sein Spitzname meinen Freund Kutz aufhorchen ließ, und ausschlaggebend für unsere Eintrittskarte wurde.

Die Entwicklung war eine rapide. Erst waren wir unter uns mit den paar Zuschauern und Bands. Dann wurden es mehr und mehr. Die Ruine war für das immer größer werdende Festival rasch viel zu klein. Und also wurde als neuer fester Platz für die musikalischen Tage die Galopprennbahn Heiligendamm auserkoren. Die Zappanale wurde Kult. Immer mehr Zappanisten und Freaks reisten alljährlich mit Motorrad, Auto, Campingwagen, Zelten und bester Laune an.

Und ja doch ja. Die Stimmung ist speziell, das Programm mitunter extraordinär zu nennen. Die Auftritte der ausgesuchten internationalen Bands, finden auf der großen Hauptbühne, wie der etwas kleineren Nebenbühne statt. Mal ist es dort umwerfend schön, mal geht die Post auf der kleineren Fläche voll ab. Bis weit nach Mitternacht steht eine große Blase Zappamusik über dem Platz. Die Fans schlafen aus, fahren nach Bad Doberan, beleben den Ort und das Geschäft dort. Sie halten sich tagsüber am Strand von Heiligendamm auf, springen ins Wasser, sonnen sich, essen Eis, kaufen ein, tun das Bestmögliche, um wieder fit zu sein für die nächsten Gigs, Inszenierungen und Shows.

Es gibt bei aller Nähe, die aufkommt, wenn ich bei der Zappanale bin, auch einen weniger schönen unglücklichen Umstand, der mich mit Frank Zappa verbindet. Beide sind wir an Krebs erkrankt. Ich wurde meinen Magen los. Frank musste sich von seiner dunklen, schönen Haarpracht trennen. Ich überstand die Chemotherapien, Operation und kam mit einer L-förmigen Bauchnarbe davon. Zappa überlebte den Eingriff nicht und starb zweiundfünfzig Jahre jung. Das Jahr zuvor erlebte ich das Festival wie in einem Dunst befindlich als Soundmischmasch. Es fällt mir schwer zu sagen, was ich sah und hörte, wen ich traf und wer mich nach dem Befinden fragte.

Dieses Mal nahm ich alles hellwach wahr, bekam die Musik und das Instrumentenspiel vollends mit. Auch wenn ich nur einen Tag dort aufgetaucht bin, so war mir und meiner Liebsten am Ende des Tages, als hätten wir eine Woche zusammen verbracht; mit allem dabei, was zu tun geht von Radfahren bis barfuß den Strand ablaufen, jeden einzelnen Auftritt erlebte ich mit. Von Bühne zu Bühne und zur Bühne zurück war ich dabei. Ich habe gute alte Freunde wiedergesehen und reiste mit dem Gefühl geimpft ab, dass das Leben richtig schön zu heißen ist, wenn es dich nach Bad Doberan treibt und die Luft nach Frank Zappa klingt.

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