© sc.HAPPY Grossansicht, Zurück zur Gesamtübersicht #artdisc.org Mediathek

when i was Ravel


Kunst von sc.Happy
inseriert: 02.05.19
Hits: 2261


artdisc.org Media Bild

Ich habe Berlin immer und immer wieder herzlich gern verlassen. Berlin ist ohne Wegsein von Berlin nicht auszuhalten. Ja, Leute, es fällt mir erstaunlich leicht, diese Stadt zu verlassen, und ich sage jedermann, auf dem Land gibt es sie noch, die weniger dramatischen Tagesabläufe, und taffen Mädels, sagt mein Opa, der mit den Frauen durch ist. Ich wohne bei meinem Opa wieder in meiner Jugendbude. Er hat nichts an ihr verändert. Und so liege ich auf meinem alten Bett unterm Schrägdach des Hauses, das Fenster geöffnet, ganz still und die Augen geschlossen auf dem Rücken und höre wie in der Jugend jeden Morgen und jede Nacht Maurice Ravel. Auf dem selben alten Plattenspieler und von der selben alten Schallplatte. Bolero und La valse. Concertgebouw-Orchester Amsterdam. Dirigent: Eduard von Beinum. Eterna. Mono, 1962, mit diesem Knistern, bevor es losgeht und dem Knistern, nachdem die Nadel ihre letzten Runden gedreht hat. Der Hebemechanismus, der ruckartig empor sprang, funktionierte eines Nachts nicht mehr. Mitten in der Dunkelheit erwachte ich und hörte nur dieses wupp wupp, und hatte keine Ahnung, woher es kommt. Ich lauschte zum offenen Fenster hinaus, lugte unter mein Bett und war verwirrt, bis ich es schließlich herausbekam. Oho, Ravel, lobte mein Musiklehrer damals, als es in der Schule darum ging, welche Musik wir in der Freizeit hörten. Einige Zuhörer wären bei der Uraufführung wie unter Drogeneinfluss geraten und high geworden von diesem Rhythmus, erklärte der Klasse. Ich muss mich nur stark genug hineinsteigern, in der Musik förmlich aufgehen, dann passiert mir das auch, nahm ich mir vor. Ich wollte durch Ravel high werden, versuchte es immer und immer wieder, und es gelang mir, jedenfalls war mir, als schwebte ich irgendwie und als wäre ich nicht mehr von dieser Welt. Doch, als ich gerade so richtig abdüsen wollte, war die Musik zu Ende.