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coROMArresta I


Kunst von sc.Happy
inseriert: 20.03.20
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Jeder Tag ein Sonntag. Wie auf dem Lande. Keine Autos mehr zu hören, die deine Ruhe stören. Herrlicher Sonnenschein, nahezu Windstille. Was uns nicht erspart bleibt ist der über allem kreisende Hubschrauber. Taucht unvermittelt auf, ist bedrohlich lange da und verschwindet eher übelgelaunt wie ein erhobener Lehrerzeigefinger. Zwei Kinder sind in der uns auferlegten Idylle unser einziges Unterhaltungsprogramm. Sie benehmen sich völlig unbeobachtet, sorglos fröhlich kichernd, sind zuweilen albern und laut, und schwatzen so hinreißend kindlich frei. Sie plappern und jubeln so herzerfrischend. Sie streiten sich kurz, vertragen sich rasch, lachen, summen und toben auf irgendeinem Balkon. Die Bäume davor sorgen dafür, dass wir sie nicht sehen, nur als ein tolles Hörerlebnis wahrnehmen. Am Abend dann auf unserer turnusmäßigen Terrasse der Gemeinsamkeit, sind wir bereit, das Lied des Tages zu singen. Achtzehn Uhr verstreicht. Nicht ein Mucks, nicht einmal ein Falschsänger zu vernehmen. Es ist so seltsam wie unerhört und schade darum. Fakt bleibt: Sie singen nicht mehr von ihren Balkonen. Fragt man sich prompt, was mag der Grund dafür sein? Ist jemand gestorben, etwas passiert, wovon wir nicht wissen oder wird im Block gegenüber unter den Anwohnern ein Ereignis begangen, das Schweigen gebietet? Sind sie alle weggezogen, die Häuser verwaist, und nur wir haben es noch nicht bemerkt? Wir lassen das Abendlied aus unserer Box nur halblaut erschallen und sitzen verloren in der Gegend herum. Selbst danach kein Mucks von draußen zu hören, weithin nicht ein zaghafter Sangeston. Einzig das dumpfe Brummen einer wuchtigen Flugmaschinen mit vier Propellern. Der fliegende Ruhestörer ähnelt einem dieser Rosinenbomber damals in Berlin. Geschichtswissen. Luftbrückenversorgung und so. Wir gehen wortkarg auseinander und jeder für sich die eigenen Dinge an. Wer mitten in der Nacht erwacht, ist von dieser Stille ringsum die Villa aufgeschreckt. Du trittst zur Tür hinaus und empfängst sie mit süßer Schärfe. Die Disco von nebenan hat ausgedient, ihr unerträglicher Trubel Nacht für Nacht nunmehr ersetzt durch Grabesstille. Unheimliches, sehr angenehmes, Minuten lang andauerndes Stillschweigen. Bis endlich dann ein einziges Fahrzeug sich traut und die Lautlosigkeit zerstört, durch sie brutal hindurch fährt. Du atmest auf und legst dich wieder hin. Die Fenster offen, freust du dich auf das Zwitschern der frühen Vögel, die irgendwie lebhafter und umweltbefreiter zu Werke gehen.