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ARZNEI REISEN


Kunst von sc.Happy
inseriert: 14.05.19
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MEINE WELT IST ECKIG Hong Kong, Caracas, Kairo, Chicago, Venedig. Ich mag den Wechsel zwischen West und Ost, Nord und Süd, arm und reich, wild, ruhig, still und aggressiv. Und fühle mich proletarisch international. Mir ist der Osten wie ein Rucksack abgenommen worden. Keine Fluchtgedanken mehr nach Kanada, Madagaskar, Sansibar auszuwandern. Ich bin seit dem Fall der Mauer nach Plan in der Welt unterwegs. Ich klappere Länder, Orte wie Lebensstationen ab. Ich suche außerhalb das unbekannte Heimische zu entdecken. Für die Leute meines Alters kam die Wende rechtzeitig. Ich war fünfunddreißig. Ich drohte schon in der Isolation zu verblöden. Ich reiste in der größer gewordenen Welt an so manchen Sehnsuchtsort. Ich bin bis an mein Lebensende oft und gern unterwegs. Ich bleibe weltumspannend solidarisch. Ich gebe mein Geld lieber den Bedürftigen als grossen Handelsketten mit ihm zu mästen. Ich suche in Moskau den Döner, in Kuba den Griechen, in Stockholm den Vietnamesen mit dem ich über die sozialistische Plattenbauweise sprechen kann. Ich sitze in Hammamet beim Inder, schlürfe die überscharfe Suppe, esse in Brüssel mit Afrikanern die Speisen aus der nackten Hand. Ich sitze in Wien vorm übergroßen Breitwandschnitzel und bereite die erste Islandreise vor. Ich tanze in Zürich mit Kurden, schau in Porto den Jungs zu, die Graffitis zaubern. Diese Forderungen Freiheit für den oder den war nie mein Ding, auch dieses Lasst uns das Spekulantenpack bläuen nicht. Wir sind viele fand ich logisch, stehe aber mehr auf das reine ICH. Niemand ist allein, ist er nur sich selbst genug. Wir stellen die Welt vom Kopf wieder auf sichere Beine, so ein Oberblödsinn. Ich will mich fern von Zuhause unter Fremden nicht als Deutscher begreifen. Ich suche nicht weiter nach dem freien Menschen im Paradies. Ich bin eher darauf versessen, fremde Gerüche einzuatmen, das Unfassbare zu erhaschen. Und forme mir aus all den weltlichen Flicken ein Land, das besser zu mir passt.