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TANTE HILDE&ONKELHORST TEIL EINS Geruchsverstärker


Kunst von sc.Happy
inseriert: 28.05.19
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TANTE HILDE&ONKEL HORST TEIL EINS * Auf meiner Lesereise nach Erfurt fahre ich Halle an der Saale ein. Wie fünfundvierzig Jahre zuvor. Ich fuhr aufgeregt nach Halle. Es war ab Bitterfeld ein Gestank um mich. Die Bäume waren mit einem Staub überzogen, grau wie Beton damals. Ich fuhr zu Tante Hilde, Onkel Horst. Sie war eine Kassiererin und besaß ein richtiges Schandmaul, aber eines von der guten, liebenswert schrulligen Sorte, eine die man reden lässt und sich breitbeinig kumpelhaft neben die Person stellt. Wohlbekannt warb die Einfahrt mit dem Zoo von Halle an der Saale. Und das Bahngebäude sah sehr prächtig aus. Oh ja. Und der letzte neuste Schrei war eine schallschützende Anlage in die Tunnelgänge installiert. Da hörte man seinen eigenen Schritt nicht wie gewohnt. Das war richtig abgefahren. ich trampelte wie wild und war auch ein bisschen sauer, den Schallschutz nicht austricksen zu können. Und ich wurde abgeholt. Glänzende Augen, Umarmungen, Handreichen, flinke herzliche Worte, all das widerfuhr mir und war so ungewohnt neu für mich. Diese solide sächsische Herzlichkeit. Sie erfreute meine Seele wie Feuerwerk in der Silvesternacht den Menschen erfreut. Meine Aufmerksamkeit galt der Tochter von Tante und Onkel. Sie war in meinem Alter und rückte mir nahe wie kein Mädchen zuvor. Beim Spaziergang durch die Stadt, um mir den Ort zu erklären und mir zu zeigen, was ich nicht sah, und erst über ihren Finger hinweg wie über Kimme und Korn entdeckte. Ich roch sie so oft und es erregte mich der Duft ihres Haar. Ich schnüffelte den Lutschbonbon in ihrem Mund, wenn sie sprach lutschten ihn meine Ohren. Ich roch ihre Haut, wohl eher die Hautcreme, die sie verwendete und all die unbekannten Düfte, die entstehen, wenn sich eine Mädchen nicht sonderlich viel mit Kosmetik antut und nur sanft etwas schminkt. Alle Gerüche sind wieder da, wie sehr der Zug, in dem ich sitze, auch klimatisiert ist und diese seltsam neutrale Luft ausgestoßen wird. Ich rieche die vergangenen Tage mit meinen Augen, die Pupillen schmecken Staub und Gestank, die Erinnerung wirkt wie ein Geruchsverstärker.

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