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zappanale 30


Kunst von sc.Happy
inseriert: 20.07.19
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Zum Dreißigsten mache ich alles anders. Notgedrungen lasse mich informieren, rufe an, spreche mit Freunden wie Uli und Bodi. Uli ist Ex-Waldarbeiter wie man Ex-Lover, Ex-Weltmeister sagt, aber niemals Ex-Zappaist sein kann. Ex sage ich gern zu ihm, weil da das Wort Axt mitschwingt. Eine von den guten Bands, sagt er, waren die Jungenleute vor den Trommlern. Nach meinen Recherchen kann er nur Treacherous Cretins gemeint haben. Da haben wir ein bisschen mitgezuckt. Wir sagt er. Sind immer wieder alte Bekannte dort versammelt. Ist eine Großfamilie unterm Logo FZ. Gibt so gar Autokennzeichen mit diesen Großbuchstaben und die Ziffern seiner Geburt, seines Todes. Den Thomas, mit dem du mal zur Zappanale bei uns im Garten zu Besuch warst, habe ich als ersten getroffen. Dieser Thomas, sage ich, hat damals in Berlin ein kleines Hausstudio errichtet. Mikrophon in die Toilette verlegt, Klo als Studiositz hergerichtet. Und matthias BAADER Holst aufgenommen. Der unterschrieb seinen Namen damals bewusst so. Hatte alles seine absolute Bedeutung. Einer musste den Baader ja aufzunehmen und der Nachwelt erhalten, sagt Thomas heute. Hat eigens einen eigenen Sound auf ihn zugeschnitten kreiert. Man wird das Zeug entdecken, wenn Ruhm für Baader in der Zukunft so vorhergesehen ist. Da sind wir uns sicher. Zappa braucht eine derartige Prognose nicht, Zappa bleibt. Zappa bestimmt weiter mit seinen Platten die Erdumdrehungen. Die guten verlässlichen Stammgäste aus Freiberg sind auch wieder da, sagt Uli und, dass er von Samstag bis Sonntag auf dem Gelände übernachten wird. Ist alles dafür schon vorbereitet. Kann er wie alle anderen auch Musik und Alkohol tanken. So viel wie ich ihn nach dem Ablauf fragen möchte, kann er momentan nicht sagen. Hörst du es brutzeln. Das ist die Pfanne. Es gibt Fisch, das heißt bei Uli Dorsch. Brutzelt sein Leben lang Dorsch in der Pfanne. Denn Angler ist er auch, der Uli, mein Mann auf der Zappanale. Lebenslang. Weil man nie ein Ex-Angler ist, einmal angesteckt ewig auf Zappas Musik und Texte steht. Das Leben lang. Und das genau mag vielleicht das einzige Problem von allen Baader- oder Zappa-Fans gleichermaßen sein. Die sie lieben, haben es mit der Jugendmilch aufgesogen, sind mit den Werken beider groß geworden. Können nichts dagegen tun, werden das Gen nicht mehr los und als Fan sterben. Junge Zappaisten oder Baaderianer kommen kaum hinzu. Zum Dreißigsten habe ich mit dem Drucker Reiner Slotta einen tollen Bildband vorgehabt. Dafür sind wir etliche Zappanalen lang durch die Menschenmenge gegeistert. Haben nach Typen gesucht, die Zappa ähnlich sehen, und das auch genau so wollen. Und wie wir fündig geworden sind! Wir haben die Jungs alle fotografiert, sie danach befragt, was es ihnen gibt, wie ihr Idol und Meister auszusehen? Ihre Antworten sollten unterm Bild stehen. Und ich wollte, als Meister des Wortes, einen schönen langen würdigen Text zum Festival schreiben. Wie damals zum Fünfundzwanzigsten im Rolling Stone als Überraschungsgeschenk. Pusteblume. Hätte, würde, könnte, müsste, wäre gern ist dieses Mal alles auf der berühmten Strecke und volle Fehlanzeige geblieben. Statt dessen pumpe ich mich daheim wie ein Zappallon mit Zappa-Musik voll, und bilde mir ein, es denen vage gleich zu tun, die auf der Rennbahn in Heiligendamm Zappa live auftanken. Rufe nach dem Fischessen noch einmal an, um mehr zu erfahren. Hallo Uli, was gibt es Besonderes? Aber da geht keiner ran. So gut war der Dorsch. Samstag ist es. Mittagsschlafzeit wird exakt eingehalten. Schließlich steht die Lange Frank Zappanacht an. Heißt es abwarten, wenn ich schon nicht dabei sein kann und Tour de France gucken. Erste Bergetappe. Auch wie alle Jahre wieder. Wenn sie in die Wolken eintauchen, sich Zeitungspapier unter die Trikots schieben und die Leute in den Bergen sie frenetisch anfeuern, nach ihnen haschen, als würden sie nach ihrem Atem greifen. Zappamusik wird es weiterhin geben, denke ich. Was werden sie tun, wenn es keine Zeitungen mehr gibt? Hallo Zappy, heut auf der Chappinale? Donnerstag beim warm up hab ich dich nicht gefunden! Zappelnde Grüße, schreibt mein Ex-Schulfreund Dieter. Der hätte wie unser gemeinsamer Freund Kutz, die Zappanale vor dreißig Jahren gründen und bis in unsere Tage betreiben können. War genauso zappa-verrückt. Nennen mich viele alte Kumpels Schappy, wegen meinem Nachnamen gleich Hunderfutter. Hieß Frolic, Pal. Habe mich Schapajew, Scapnelli genannt. Sc.Happy blieb schließlich übrig. Wird eine Zeit kommen, dass mich niemand mehr so ruft. Muss nur lange genug alle überleben. Und dann wird man ja sehen, wer früher stirbt, die Zappanale oder ich - und mit mir mein endlich der seltsame Kosename?