Als mein Film Lievalleen Mitte Februar in der Berliner Volksbühne große Premiere feierte, war das Jahr noch jung und kräftig. Der Filmemacher Rainer Komers weilte in Japan, um den Winter aufzunehmen. Es schneite, als er dort ankam und schneite als er höchst zufrieden aus der Bergregion nördlich von Kyoto nach Hause zurückflog. Nun wollte seine japanische Kollegin in Deutschland aktiv werden, schreibt er. Sie musste absagen und teilte mit, sich in Nara, wo es nur acht bestätigte Fälle gäbe, sicherer zu fühlen. Zu der uns allen aufgezwungenen Arbeitspause schreibt er, das Tempo derart rausgenommen wie es jetzt geschähe, versiegten all seine Energien. Kraft aber bräuchte es für den Freiberufler. Wir müssen uns alle ständig selbst antreiben und wie Münchhausen aus dem Sumpf ziehen, um nicht abzusaufen. Und liefert in seiner Mail die entsprechende Textstelle Gottfried August Bürgers gleich mit. Ein anderes Mal wollte ich über einen Morast setzen, der mir anfänglich nicht so breit vorkam, als ich ihn fand, da ich mitten im Sprung war. Schwebend in der Luft drehte ich daher wieder um, wo ich hergekommen war, um einen größeren Anlauf zu nehmen. Gleichwohl sprang ich auch beim zweiten Male noch zu kurz und fiel nicht weit vom anderen Ufer bis an den Hals in den Morast. Hier hätte ich unfehlbar umkommen müssen, wenn nicht die Stärke meiner eigenen Arme mich an meinem eigenen Haarzopfe samt dem Pferde, welches ich fest zwischen meine Knie schloß, wieder herausgezogen hätte. Ob wir vielleicht Lust hätten, uns seinen Film in der Villa anzusehen, fragt er mich. Wie es bei uns so mit der Gemeinsamkeit unter den Stipendiaten bestellt wäre? In der Villa Kamogawa wäre damit eher Pusteblume zu vermelden gewesen. Jeder nur für sich. Gut nur, dass er sein Fahrrad hatte, mit ihm den Fluss entlang die schönen Zen-Gärten erkunden und in die Stadt flüchten konnte. Ich schreibe: So weit wirklich alles paletti bei uns mit dem Zusammenhalt. Wäre heute nach erfolgreicher Filmtournee mit meinem Film Lievalleen in Mecklenburg Vorpommern nach Rom zurückgekehrt, schreibe ich weiter. Drei Lesungen aus meinem Buch Liebestölpel waren vorgesehen. Halle an der Saale, Frankfurt am Main und Hanau. Hanau hätte mich aus bekannten Gründen wahnsinnig interessiert. Wäre an einer Hanauer Schule mit Schülern zusammengekommen. Hätte ich den Leuten in der Villa hier schön berichten können. Wäre ein guter Abschluss meiner Zwei-Wochen-Reise geworden. Alles abgesagt worden und ausgefallen. Ob da im Herbst was nachzuholen geht, steht bei uns allen mit dünner Tinte in den Sternen geschrieben. Gut war in diesem Jahr doch nur, was rasch noch erledigt werden konnte.