Wir Stipendiaten wollen uns nach außen hin präsentieren. Von unserer großen Brüstung. Hin zu den vielen Balkonen und Fenstern gegenüber. Kleine Filmchen sollen demnächst auf einer großen Leinwand flimmern. Einblicke in unsere Arbeiten: Konzertmitschnitte, Ausstellungsbesuche, Fotoserien. Danach befragt, an was für einen Film ich so dächte, schoss mir die Idee in den Kopf, die Kieselsteinwege hier im Garten zu beschriften. Mag sein, ich wollte aus einem bösen Instinkt heraus diese schönen planen Kieselwege ordentlich zurichten. Vielleicht hat es auch mit meiner Herkunft zu tun. Entlang der Ostseeküste bauen Urlauber gern unverschämt große Sandburgen, die sie niemandem sonst gönnen. Also sammeln sie Steine und beschriften sie mit dem Wort »Belegt«. Drunter notieren sie die exakte Dauer ihres Aufenthalts. Dass auch jeder Bescheid weiß: Haut ab! Baut euch selber eure Burg aus Sand. Hier sind wir. Der Platz gehört uns allein. Genauso wie die Villa ja zur Zeit für uns eine feste Burg ist. Auf ihren Kieselwegen werde ich also Zeichen setzen, eine Schrift herstellen, die von vorbeifliegenden Vögeln aufgeschnappt werden wird. In einem zweiten Schritt werde ich aus den hellen Steinchen ein Wort des Trostes auslegen: »Ciò che aiuta e consola è l’amore« (Was hilft und tröstet, ist Liebe). Ich will die Sache nicht allein bewerkstelligen. Also frage ich den Sohn des Komponisten, Paul, der den ganzen Tag und überall herumrennt und die schönste Stocksammlung besitzt. Herrliche, große, dünne wie dicke Dinger, unter ihnen ein helles, oben fein gegabeltes Exemplar, das gut und gern als Wäschestange für Saurierunterhosen dienen könnte. Das soll unser Schreibstift werden. Paul sagt freundlich zu. Wir machten uns sofort an die Arbeit. Dem Film wird man es ansehen, mit welchem Eifer wir die Botschaft in den Kiesel kritzeln und dann zum Schluss das Wort aller Worte auf dunklem Untergrund ausstreuen.