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GEBET ZUR SCHRIFT I


Kunst von sc.Happy
inseriert: 10.09.09
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WAS DU UNBEDINGT VOR DEM ERSTEN MAL SCHRIFT SCHREIBEN UND TEXT TEXTEN UND GEDICHTE DICHTEN WISSEN KANNST UND WISSEN WIRST FALLS WISSEN DIR NOCH ETWAS BEDEUTET

Vielleicht ist mir was in die Wiege gelegt worden oder es war einfach der Zufall. Ich wusste mit drei Jahren in etwa bereits: Ein Schreiberling muss immer brav Notizen machen. Er soll sich dabei oft eine Nacht und ganze Herden Nächte um die Ohren hauen und eben schreiben, schreiben; und zum Ende der Nachtarbeiten darf er sogar ordentlich klieren. Das ist die ganze Kunst an der Schreibkunst. Ich sass bis zu meinem vierten Geburtstag noch in meinem Denker-Kinderwagen und ergänzte mein Wissen wie folgt: Punkt 2 für einen angehenden Schreiberling fordert ihm und allen Nachahmern ab: DU sollst dir immer etwas notieren! DU hast einem Rausch zu folgen. Du darfst DICH an DEINER wie an der Tastatur Fremder vollends erschöpfen. Sobald DU reden kannst, mögest DU DIR einen und mehrere Gesprächsfetzen merken oder aufschreiben. Und bist DU Daheim - dann wirst Du wieder und wieder schreiben und schreiben bis DIR die Augen von alleine zufallen. So ist das. So war das. So wird es nicht immer bleiben mit dem Schreiben. Die Technik wird richten mit dem Dichten und schreiben von Geschichten. Du aber sollst nicht über die Zukunft der Menschen nachsinnen, sondern: ohne an die Veröffentlichung zu denken, herkömmlich tätig sein. Das dauert drei Monaten. Das braucht manchmal zehn, in gutartigen Fällen ein bis zweiunddreissig Jahre. Und bedenke bitte, bitte: Texte sind wie Menschen (vor allem wenn sie von DIR stammen). Nimm sie wie Menschen. Sei von den schlechtesten wie von den brillanten Texten wie von Menschen DEINES All-Tages voll überzeugt. Und bedenke: Ich, dein Schreibgott, ich tief in meinem Inneren weiss mitunter auch nicht von Beginn an, dass mich ein Text bis zum Ende meiner Tage ärgern wird, weil er einen schlechten Charakter hat, den ich nicht erkannte, an dem ich mich vergeblich mühen werde. Also lasse ich es besser tunlichst gut. DU aber, welcher meinen Schreibgriffel einst wie einen dub-mega-hohlröhrigen Staffelstab übernehmen sollst und bei der Übernahme nicht recht greifen wirst, lass DIR ins Öhrchen säuseln: Es gibt Texte, an denen hänge ich auch schon durchaus sehr, weil sie die Schwierigkeiten, welche sie mir beim Schreiben bereitet haben, beim laut lesen rasch vergessen lassen. Solche Ereignisse lassen uns glücklich erscheinen. Wie zum Beispiel der Urtext zu meinem ersten wirklchen Buch: NIX, den ich nie veröffentlicht habe, der bei mir in einer Schublade liegt, den ich nicht hergeben will; weil: Ich bin nun einmal nicht in erster Linie Schreiber der Veröffentlichungen wegen, sondern der Veröffentlichungen wegen Schreiberling. Das heisst für MICH wie DICH und ALLE anderen Schriftersteller und Fallensteller: DU bist als Schreibender nichts weiter als ein Bewahrer von Texten. Sie müssen DIR nicht einmal gefallen und wohl DEINEM Publikum auch nicht, um DA zu sein und DADA. Es hilft nix
Ob ich will oder nicht
das musste ich an dieser Stelle
sachlich ausführen und knallhart betonen
der einzelne Text gesellt sich in Gruppe zu Texten
aber Texte an sich sind eh schon allein für sich genommen eine Gemeinschaft
sprich: Wir bedingen uns und nicht umgekehrt wird ein Damenschuh daraus.