© sc.HAPPY
Zur MASSE drängt es die MASSE nicht mehr. Aus. Vorbei.
Basta.
Kunst von sc.Happy
inseriert: 20.09.09
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Zur MENSCHENMASSE drängt es keinen mehr
Die Welt weiss es. Jedermann weiss es. Ichduersieeswirihrsiealle wissen es: Die MASSE als MASSE hat sich zu dem Zeitpunkt erledigt als die MASSE, während sie noch anstürmte, sich nach dem Grund für das eventuelle Scheitern der Revolution befragte. Der Mensch als seine MASSE, die menschliche Ballung für eine SACHE: Das läuft nicht mehr. Ziel der herrschenden Ideologien ist das Einzelwesen, ist die Ein-Kind-Familie, der vertrottelte Egomane. Die Zeiten von MASSEN in Szene gesetzt wie wir sie vom Film her kennen sind vorbei. Es gibt keine MASSEN mehr. Das Menschentum ist nicht weiter als sein gehabtes, längst erledigtes MASSENEREIGNIS. Es gibt den Auflauf der MASSE nicht mehr. Die MASSE verliert sich. Aus. Basta. Vorbei die Zeiten internationaler Erfolg mit monumental in Szene gesetzten Menschen in MASSEN. Attenborough hat mit seinem in Hollywood produzierten Film GHANDI die letzte Klappe zum allerletzten MASSENaufgebot geschlagen. So herrlich aufwendig und nahezu authentisch wie er die MASSE hat noch ins Bild rücken können, so intensiv lässt sich DIE MASSE heute und in fernster Zukunft nicht wieder aufführen. Einer der letzten Recken von MASSE ist dafür mit fünf Oscars ausgezeichnet worden. Und damit hatte es sich dann auch. Alles Kommende als MASSE nur noch SIMULATION und Phänomen. Reiner Computer. Pure Animation. MASSE nur noch die MASSENhafte Vervielfachung des Geringen; und dieses bis hin zum milliardenfach geklonten Nichts. Es lassen sich MASSEN nicht mehr bündeln und auf die Strasse bringen.
Nehmen wir Alfred Döblin. Nehmen wir seinen zweitausend Seiten langem Prosatext. Nehmen wir das vierbändige Historiendrama NOVEMBER 1918 als Beispiel. So einen Schinken nimmt heutzutage kein Verleger mehr zur Hand. Wo es um MASSEN und Auflageabsatzhöhen geht, wird ein Schreiberling vom Format Döblins seinen Blätterturm nicht wirklich los. Wen interessiert die MASSE im Zusammenhang mit Döblins Bild von einer Revolution? Was wissen die Kindeskinder heute von ihrer einstigen Deutschen Revolution? Wozu hat Döblin MASSENweise Papierseiten beschrieben? Wer von den zum Singleleben herangezogenen Stubenhockern verspürt noch Zucken durch Begriffe wie MENSCH MASSE AUFLAUF. Wer strebt das individuelle Erweckungserlebnis durch die MASSE an? Wer gerät durch derartige Begriffe in Wallung? Wer muss unbedingt raus und hinzu, wenn unterhalb eine MASSE aufläuft, um Teil der MASSE zu werden, aus der sich die überdurchschnittliche Menge erwächst? Wer empfindet beim Anblick von Menschen, die MASSE werden wollen, noch religiöse Epiphanien? Wer bedenkt beim Namen wie Dostojewski und Adrian Leverkühn in Doktor Faustus von Thomas Mann noch die fieberhafte MASSE als Treibstoff von Geschichte?
Ich sehe immer wieder Jurij Grigorowitsch. Das Bolschoitheater. Sein eindrucksvoll und abendfüllend SPARTAKUS als Ballett mit choreographierten MASSENszenen. Pas de deux mit zweihundertfünfzig Tänzern auf einer riesigen Bühne. War, ist, bleibt einmalig in der Welt = Neunzehnhundertachtundsechzig. Heute ist MASSE nichts anderes als ihr angestrebter Täuschungseffekt wie bei König der Löwen die wilde Gnuherde, die voll simuliert durch ein voll simuliertes Tal rast, simulierten Straub aufwirbelt. Der Mensch als Teil der Menschheit im Grunde nichts weiter als ein Gnu von zig Gnus, synchron in vervielfachten Gruppierungen simuliert. Unsere Ära - eine Kiste Trick. Was mit Gnus zu simulieren geht, ist mit Menschen erst recht zu schaffen. Und wenn man genau hinsieht: Die Komparsen heutzutage! Wo sie sich früher noch mit Ehrgeiz und Engagement für die MASSENfilmszene ins Zeug geworfen haben, stehen jetzt doch wirklich nur noch gelangweilte Figuren so richtig störend im Bild herum. Wie als würden sie noch gar nicht abgefilmt. Da lobe man sich die Sandalenstreifen aus der Stummfilmzeit. Da lob ich mir den ungeheuren Aufwand, lobe ich die gigantischen Zahlen an monumentalen MASSENszenen. Wie da noch mit dem Menschen im Tausendpack als MASSE gearbeitet wurde. Ben Hur von Fred Niblo. Der wohl teuerste, der wohl erfolgreichste Film der Stummfilmzeit. Die berühmteste aller Filmszenen. Ein Wagenrennen. Von zwölftausend Statisten umrahmt. Von zweiundvierzig Kameras aufgenommen. Das bringt heute keiner mehr zustande. Und das, wo es hierzulande genügend Arbeitslose gibt, die in der MASSE ihren Job machen würden.
Was Gesellschaft und MASSE als Phänomen anbelangt, Kult und Film geworden ist.
Es bleibt zu befürchten, dass am Ende unserer Tage die Leni Riefenstahls übrig bleibt und Zeugin wird, ihr Olympia-Film von 1936/38; die von ihr als zweiteilige Dokumentation über die Olympischen Sommerspiele in Berlin in Szene gesetzte MASSE; die dunkelbraune Darstellung von WUNSCH und MASSE, wie sie die Regisseurin bis zuletzt wieder und wieder verteidigt hat.
Oder wie was wer?
MASSE Macht Sodom und Gomorrha