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27.04.25   20:17:39

Artikel aus Daily Mail


PETER HITCHENS: Man hat Ihnen Propaganda-Unsinn über die Ukraine und die erfundene russische Bedrohung aufgetischt. Das sind die Lügen, die man Ihnen erzählt hat.

In meinem Beruf bin ich längst daran gewöhnt, wie Regierungen lügen und andere dazu bringen, für sie zu lügen. So ist es nun einmal. Aber ich habe selten eine solche Wolke aus Lügen erlebt wie jetzt.
Kaum jemand in diesem Land kennt die Wahrheit über die Ukraine. So etwas gab es nicht mehr, seit wir alle mit dem Geschwätz über fiktive „Massenvernichtungswaffen“ über die Irak-Invasion belogen wurden. Die Lügner wurden ertappt. Und sie haben daraus gelernt. Sie haben gelernt, geschickter zu lügen.
Inzwischen sind viele von denen in unserer Gesellschaft, die solche Lügen zu widerlegen wussten, gestorben oder in den Ruhestand gegangen und wurden nicht ersetzt.
Wir haben nie eine Debatte über die Ukraine-Krise geführt, die am Anfang an begann. Hat Ihnen jemals jemand, der an der Macht ist, wahrheitsgemäß gesagt, wie, wann oder warum dieser Krieg begann? Nein. Hat irgendjemand, der an der Macht ist, erklärt, warum Großbritannien, das von Kriminalität geplagte, heruntergekommene, von Müll übersäte, von Ratten verseuchte, bankrotte Großbritannien, sich da einmischen musste? Niemals.
Man hat Ihnen nur Propaganda-Unsinn über „Demokratie“, Freiheit und eine erfundene russische Bedrohung aufgetischt. Hier sind einige der Lügen, die man Ihnen wiederholt erzählt hat:
Der Krieg, so heißt es, sei nicht provoziert worden. Selten in der Geschichte wurde ein Krieg mehr provoziert.

Russen – nette, wie der liberale, demokratische Politiker Jegor Gaidar, und böse, wie der blutige Despot Wladimir Putin – flehten den Westen an, sein Militärbündnis, die NATO, nicht weiter nach Osten in Richtung Russland auszudehnen.
Alle Russen, einschließlich des großen antikommunistischen Autors Alexander Solschenizyn, waren schockiert und wütend, als die NATO 1999 abrupt ihre defensive Haltung aufgab und Angriffe auf Jugoslawien startete – das kein NATO-Mitglied angegriffen hatte.
Diese Proteste erreichten ihren Höhepunkt im Februar 2007, als Putin in München eine dramatische Rede hielt. Er sagte, die Nato-Erweiterung sei „eine schwere Provokation, die das gegenseitige Vertrauen untergräbt. Wir haben das Recht zu fragen: Gegen wen richtet sich diese Erweiterung?“
Sehen Sie, wenn so ein hagerer Mann wie Putin spät abends in einer Kneipe so mit Ihnen sprechen würde, würden Sie das als Warnung verstehen, dass er ernsthaft verärgert ist. Und wenn Sie keinen Kampf wollten, würden Sie zurückweichen. Aber wir sind nicht zurückgewichen.
US-Präsident George W. Bush, das Genie, das in den Irak einmarschierte, heizte die Stimmung im darauffolgenden Jahr bewusst an. Kann es sein, dass Bush Kriege mag?
Im April 2008 sagte Bush, die Ukraine solle auf den Weg zum Nato-Beitritt gebracht werden. Selbst der Guardian, die Gazette der liberalen Kriegstreiber, räumte ein, dass dies „wahrscheinlich den Kreml in Rage bringen“ würde. Und so geschah es. Ich vermute, wir waren von diesem Moment an auf dem Weg zum Krieg.
Wenn ich das sage, werde ich immer beschuldigt, Putin zu rechtfertigen. Das tue ich nicht. Ich denke, er war dumm und hatte Unrecht, sich provozieren zu lassen. Weise Menschen ignorieren Provokationen. Aber zu behaupten, er sei nicht provoziert worden, ist schlichtweg eine Lüge.
Eine weitere Lüge, die uns immer wieder erzählt wird, ist, dass Russland Georgien Ende 2008 angegriffen habe. Doch jeder findet im Internet den Reuters-Bericht aus dem Jahr 2009 mit der Überschrift „Georgien begann Krieg mit Russland: Ein EU-gestützter Bericht“. (Anm. d. Übers.: Der Originaltitel lautete „Georgia started war with Russia: EU-backed report„)
Die Meldung fasst eine Untersuchung der angesehenen Schweizer Diplomatin Heidi Tagliavini zusammen. Sie war von Brüssel gebeten worden, diesen Krieg zu untersuchen. Das sagte sie zumindest. Doch aus irgendeinem Grund fanden viele westliche Medien keinen Platz dafür. Ich treffe immer noch vermeintlich informierte Menschen, die noch nie von Frau Tagliavini oder ihrem Bericht gehört haben.
Und dann ist da noch die Behauptung, es ginge um Demokratie und Freiheit. Dem ist nicht so. Je mehr der Westen behauptet, sich um diese Dinge zu kümmern, desto weniger hilft er ihnen.
Einige Beispiele: Der gewählte Präsident der Ukraine wurde 2014 gesetzlos von einem Mob gestürzt. Großbritannien und die USA duldeten dieses beschämende Ereignis, weil sie die illegalen Rebellen der gewählten Regierung vorzogen. So kann man sich nicht als Hüter der Demokratie ausgeben. Aber das sind wir ja auch nicht.
Proteste gegen den Umgang mit dem rumänischen Präsidentschaftskandidaten sucht man vergebens – in einem Land, das Mitglied der EU und der NATO ist.
Calin Georgescus Wahl wurde im Dezember von Richtern annulliert, als er die erste Runde zu gewinnen schien. Und er wurde von der Kandidatur in der zweiten Runde ausgeschlossen – alles nur, weil er die falsche Politik vertritt. Und als ob das nicht genug wäre, schauen Sie sich das tiefe, beschämende Schweigen des Westens über das beängstigende, brutale Verhalten des türkischen Präsidenten Recep Erdoğan an.
Vor einigen Wochen verhaftete und inhaftierte dieser türkische Putin Ekrem Imamoğlu, einen Oppositionspolitiker, der ihn bei der Wahl wahrscheinlich schlagen würde.
Herr Imamoğlu reiht sich ein in die Riege der vielen Journalisten und Demokraten, die bereits in türkischen Gefängnissen verrotten.
Erdoğan hat die freie Presse, die freie Meinungsäußerung und die Freiheit des Protests unterdrückt. Aber sein Land darf weiterhin in der Nato bleiben, und die westlichen Staaten haben weniger Lärm gemacht als eine wütende Wühlmaus, die ihr Nest bewacht. Sie haben Angst vor Erdoğan.
Ich will gar nicht erst versuchen zu erklären, wie Deutschland kürzlich sein altes, nicht mehr existierendes Parlament einberufen hat, um Gesetze durchzudrücken, die das neu gewählte Parlament nicht verabschieden wollte. Dies geschah, um zusätzliche Milliarden für den Ukraine-Krieg auszugeben. Aber ich hoffe, Sie verstehen, was ich meine.

Fordern Sie eine ehrliche Debatte. Fordern Sie die Wahrheit. Lassen Sie sich nicht zu noch mehr Dummheit verleiten, sonst enden wir mit Bombenkratern und Schlaglöchern.



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Zownir, Miron, Fotograf, s/w. Schnell genug am Auslöser
sein


Kunst von sc.Happy
inseriert: 21.09.09
Hits: 3440


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Miron Zownir

Klaus äussert stets Bedenken, wenn ich ihn mit einem Künstler bekanntmachen will. Er fragt dann provokant, was das für einer/eine ist, die/der so macht? Ich rede was zur jeweiligen Person zu sagen ist mit etwas mehr Inbrunst als nötig, um den Skeptischen bei Laune zu halten. Der vollführt immer erst abwehrende Geste und meint, er könne sich schon denken und sagt dann schliesslich: Okay, komme ich halt irgendwie hinzu.

Wir treffen uns eine halbe Stunde vor dem Treffen mit der Person, halten in der Nähe des Treffortes Platz. Im letzten Fall sitzen wir gegenüber dem Prater im Prenzlauer Berg, trinken polnisches Bier aus Flaschen, halten nach Miron Zownir Ausschau. Fotograf. Heftige, drastische, schwarzweisse Zeitdokumente in New York, Petersburg und Berlin aufgenommen. Dreissig Jahre aktiver Aussenseiter. Ein abgelichtetes Vierteljahrhundert dokumentiert. Leute in sozialen Situationen abgelichtet. Menschen, die erledigt, verunsichert und allzeit auf der Flucht vor der Macht, den Polizisten und Fahndern sind. Zownirs Antlitz kenne ich bis dato nur vom Foto seiner Homepage. Er trägt, aus welchem Grund immer, Sonnenbrille. Das macht es leichter, ihn aus dem herbstlichen Menschenauflauf herauszufiltern. Vielleicht leidet der Mann an Augenempfindlichkeit, meint Klaus, hat sich verblitzt. Sein Ehrgeiz ist angestachelt. Er will vor mir herausbekommen, wer von den Leuten auf dem Bürgersteig jener Zownir sein könnte. Wir sehen beide zugleich Zownirs Glatzkopf in der Sonne blinken. Die Sonnenbrille lässt ihn wie einen Ausserirdischen erscheinen. Der Alien kommt auf einem gewöhnlichen Fahrrad angeradelt. Klaus aber lässt sich so nicht hinters Licht führen. Der da, das ist unser Mann, sagt er. Schon eilen wir.

Um den Altweibersommer herum in einem Biergarten sitzen ist ein Unterfangen. Es halten sich dort nur vereinzelte Menschen auf. Das Personal an den Lucken für Essen oder Trinken ist ausgesucht freundlich, fast familiär wird jedermann nach seinem Begehr befragt. Die Äste der üppig ausladenden Bäume schirmen die unter ihnen sitzenden Gäste vor möglichen, letzten Sonnenstrahlen sicher ab. Und Zownir legt sofort zu erzählen los. Dass bei ihm alles Motiv ist. Dass die Linse den Fotografen lenkt, der Mann mit der Kamera ab einem bestimmten Punkt mitgefangen ist, keine Wahl hat, sich hinaus und hinein begeben muss, was wagen, über Grenzen schreiten, sollen die irren Seitentüren des Lebens öffnen. Ihm passieren all die die komischen Zufälligkeiten, die es für andere nicht gibt. Die erste Kamera habe er sich ausgeliehen, mit ihr sofort seine Orte, Plätze, Höhlen, Höllen, Hütten in den grossen Städten gefunden. Zownir spricht vom Abstand als Grundgefühl. Wenn er meint, so etwas wie menschliche Nähe hergestellt zu haben, darf er sich nichts darauf einbilden. Alles ist wahr genug, um zu täuschen. Er knipst Leute, die dem Exhibitionismus huldigen. Armselige Kreaturen, die nichts weiter als sich und ihren Körper anzubieten haben, sich schutzlos ausstellen, das Wenige zu präsentieren. Dieser Hang zur unaufgeforderten Selbstinszenierung, der bis zum Entblössen und Darbieten der Genitalien führt. Da muss einer vor dem Schock am Auslöser sein, sonst bleiben die Bilder nur im Hirn und finden nicht zum Betrachter. Jedes Bild von ihm habe seine persönliche Geschichte. Er könne zu jedem einzelnem Foto ein dickes Buch verfassen.

Klaus blättert im neusten Erzählband Zownirs herum, schaut interessiert die Bilder an, fragt Zownir, wie der Fotograf die Kamera auf das nackte Leid, den Tod auf der Strasse richten kann, wie die Fotos in den Sexklubs entstehen, ob das alles erlaubt sei. Und Zownir antwortet. Dass das alles schwierig ist, er Prügel eingesteckt hat, in den Knast gesteckt worden ist. Und doch wird er weiter grenzwertige Bilder schiessen, das Elend der Welt zur Schau bringen, weil niemand ein Recht hat, daran vorbeizuschauen. Seine Grossväter haben Kriege erlebt und können über die Schrecken nie erzählen, weil die Bilder im Kopf unerzählbar bleiben. Und ist der Krieg vorbei, setzen die Völker krampfhaft auf Zukunft und lassen die Verdrängung hilfreich werden.

Zum Ende hin ist Klaus von Zownir und dessen Haltung derart beeindruckt, dass er Zownir umarmt. Wir gehen auseinander und werden uns vielleicht nur noch über Zownirs Bilder sehen.

Mehr als zuviel ist immerhin jederzeit zu erhoffen.

notiert am 19. September 2009