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MÄRCHEN AUS UNSEREM JAHRHUNDERT, WENS VERWUNDERT, teil
zwei. An dieser Stelle stelle ich fremde Texte vor, die mir
nicht fremd sind.


Kunst von sc.Happy
inseriert: 09.06.10
Hits: 2663


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Vom Hühnergott

Es war einmal eine Zeit, da es das meiste durch Menschenhand Geschaffene noch nicht gab, und das ist nicht wenig. Aber es gab auch Dinge, von denen wir heute nur noch spärliche Kunde haben. Eines der grossen Geheimnisse aus dieser Zeit ist die Entstehung der Hühnergötter. Nach Jahren harter Arbeit und einem bisschen Glück kann ich nun für euch den Schleier des Geheimnisses über die Entstehung der Hühnergötter ein wenig lüften.

Meine Geschichte führt uns in eine Zeit vor vielen tausenden von Jahren und natürlich zu den Hühnern, die sich vom ersten Hahnenschrei bis zur untergehenden Sonne im Sand scharrend ihr Futter zusammenpickten. Mühsam war das, kann ich euch sagen und staubig ohne Ende. Ja, so ein Hühnerleben ist hart. Das meinte auch das Hühnervolk. Bei dieser Erkenntnis angekommen, begannen die Hühner, Fragen zu stellen: Warum ist das so?†Muss das immer so bleiben?

Diese bedeutendsten aller Fragen, einmal gestellt, liessen das Hühnervolk nicht mehr zur Ruhe kommen. Ein Gackern erscholl darüber, dass die Eierdiebe schon das Paradies vor Augen hatten. Einem durchdringenden Kikerikie gelang es, alles zu übertönen. Der Althahn war¥s, der da sprach: So darf es nicht bleiben! Aber, warum denn? piepste ein vorwitziges Küken in die staunende Stille. Na, weil wir nicht länger als dumme Hühner beschimpft werden wollen , gackerte eine fette Henne aus dem Hofstaat des Althahns. Beifällig gackerte das Volk.

So ermutigt, plapperte die Henne gleich munter weiter: Wir brauchen Verbündete, starke Freunde. Darum schlage ich vor, dass wir uns mit den Steinen zusammentun. Sie sind die Stärksten auf der Erde, und mit ihren dicken, schweren Bäuchen fangen sie das Feinste vom Feinen. So wir die Steine nur recht hoch ehren, werden sie sich vielleicht von selbst wenden, um uns die fettesten Leckerbissen zukommen zu lassen. Wir müssten uns nicht mehr so abrackern, und alle Tiere würden uns beneiden. Wie aber wollt ihr denn die Steine ehren , piepste das vorwitzige Küken, wir trampeln doch ständig auf ihnen herum und lassen mehr als einen Kringel täglich auf sie herabfallen? Papperlapapp , gackerte die Althenne, um zu zeigen, dass wir es ehrlich meinen, wird jedes Huhn zu Ehren der Steine von heute an ein Steinchen um den Hals tragen.

So wurde dann durch Mehrheitsbeschluss des Hühnervolkes jedes Küken, jede Henne und jeder Hahn dazu angehalten, durch den jeweils schönsten gefundenen Stein ein Loch zu picken, einen Halm hindurchzufädeln, diesen zu verknoten und das Ganze dann über den Kamm zu schieben. Ausserdem wurde zu Ehren der Steine gelobt, dass, wer seinen Stein im Sande schleift, ablegt oder gar verliert, dem nimmersatten Fuchs anheimfällt.

Alsbald stolzierte das gesamte Hühnervolk mit einem Stein um den Hals durch die Gegend. Aber es paradiert sich schlecht mit knurrendem Magen. Darum begannen einige Hühner, verstohlen zu scharren. Als sie aber nach den freigelegten Würmern pickten, rutschten ihnen ihre Amulette über die eingeknickten Kämme. Darauf hatte der schlaue Fuchs nur gewartet: Ruckzuck fiel er über die armen Sünderinnen her. Weder Hennen noch Hahn zeigten Mitleid oder schlugen gar Alarm. Allein das vorsichtige Piepsen des vorwitzigen Kükens hätte auch der spitzohrigste Hühnerhund nicht hören können. Das Vorkommnis gereichte allen Hühnern zur Warnung. Aber, was nützt es: Hunger tut weh. Ehe sich die Sünder versahen: Ruckzuck war der nimmersatte Fuchs zur Stelle. Schon fielen die ersten, vom langen Fasten entkräfteten Hühner in den Sand: Ruckzuck war der nimmersatte Fuchs zur Stelle. Und die vergötterten Steine erbarmten sich nicht! So ging es denn immer weiter so in einem fort: Ruckzuck, ruckzuck.

Als aber das vorwitzige Küken sah, dass die in den Sand gesunkene Althenne vom Fuchs davongeschleppt wurde, lief es, so schnell seine schwachen Füsse es noch trugen, zum schlafenden Hühnerhund, pickte diesem mit letzter Kraft in die feuchte Schnauze und brach dann erschöpft zusammen. Oho, wie da der mächtige Wächter des Hühnervolkes dem übermütig gewordenen Fuchs das rote Fell gerbte. Auwei, auwei, oh weh, oh weh.

Da die anderen Hühner nun sahen, dass dem vorwitzigen Küken nichts geschah, obwohl es mitsamt seinem schönen durchbohrten Stein schon lange im Staube lag, warfen sie die Krallen nach hinten und die Köpfe nach vorn, dass die Würmer meinten, ein Wirbelsturm käme über sie.

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